Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister Weigt,
bevor ich auf den Inhalt des Haushalts eingehe, möchte ich unserer neuen Kämmerin Frau Stölting danken und ihr meinen Respekt dafür aussprechen, dass sie sich so schnell in Ihre Tätigkeit gefunden hat, und dass sie trotz aller Schwierigkeiten und Widrigkeiten in kürzester Zeit einen funktionierenden Haushalt für das laufende Haushaltsjahr ausarbeiten und vorlegen konnte. Ein Dank auch an das Team von Frau Stölting in der Kämmerei, ohne das ein solch reibungsloser Übergang ohne Übergabe von der Amtsvorgängerin sicher nicht möglich gewesen wäre.
Wie immer spreche ich zuerst die guten Nachrichten zum Haushalt an:
- Wie schon im vergangenen Jahr von mir festgestellt, funktioniert unser Sanierungskonzept von 2015, ohne das wir bereits in diesem Jahr überschuldet gewesen wären, weiterhin. Da wir seit letztem Jahr den Ergebnishaushalt ausgleichen, sinken unsere Kassenkredite bereits langsam aber stetig – und wir sind nicht mehr im Haushaltssicherungskonzept, das wir aber gemäß Nachhaltigkeitssatzung freiwillig fortführen.
- Obwohl im Vergleich zur Planung von 2018 erhebliche zusätzliche Kosten, die von uns nicht beein-flussbar sind, auf die Stadt zukommen, kann die Grundsteuer B konstant bei 850 Punkten gehalten werden. Im Vergleich zu dem noch vor einem Jahr für 2019 angenommenen Hebesatz von 921 Punk-ten ist das eine erhebliche Verbesserung.
- Das ganze klappt in diesem Jahr, obwohl im Haushaltsplan bereits viele große Investitions- und Sanierungsprojekte abgebildet sind, die zur Daseinsvorsorge zwingend durchgeführt werden müssen, aber viel Geld kosten: der Neubau von zwei Feuerwachen, für die ab Fertigstellung hohe Mietzahlungen an die SEGO anfallen, die Fassaden- und Fenstersanierung im Schulzentrum Cyriax, die bis 2021 jährlich 3 Mio. EUR kosten wird, von denen die Stadt 30% selber tragen muss, die Sanierung der Grundschule Heiligenhaus, die mit Containermiete mehr als 5,5 Mio. EUR kosten wird, sowie die Turnhalle an der Grundschule Overath, die als Ersatz für die alte Hauptschulturnhalle benötigt und um Räume für das Mittagessen im Ganztag erweitert wird.
Hier enden die guten Nachrichten aber leider auch schon. Um es klar zu sagen: der Haushalt für 2019 funktioniert, er hält die Grundsteuer B konstant, und die SPD wird ihm heute zustimmen. Dennoch sehen wir erhebliche Probleme und Risiken auf uns zu kommen, die uns spätestens 2020 treffen werden:
- Der Haushalt 2019 ist – so hat es auch die Kämmerin deutlich gesagt – noch viel stärker auf Kante genäht als die vergangenen Haushalte, um die Grundsteuer B irgendwie konstant halten zu können. Die Naht musste sozusagen vierfach verstärkt werden, damit der Haushalt nicht platzt. Das bedeutet, dass jede kleine Kostensteigerung im Vergleich zur Planung zu einem Defizit im Jahresabschluss führen wird, sofern die Einnahmen nicht höher ausfallen als angenommen. Nach ein paar Jahresab-schlüssen, die besser ausfielen als vorausgeplant, können wir das vielleicht einmalig verkraften, aber eine Dauerlösung ist das natürlich nicht.
- Unser strukturelles Defizit steigt von Jahr zu Jahr stetig an. Sind wir 2015, einem Jahr mit relativ „normalen“ Steuereinnahmen, noch davon ausgegangen, dass uns dauerhaft ca. 3,5 Mio. EUR pro Jahr fehlen, sind seitdem mehrere Kostenpositionen immer weiter angestiegen: Hilfen zur Erziehung von damals 3,3 Mio. auf heute fast 3,9 Mio. EUR (Tendenz steigend), Kreisumlage von 11,5 Mio. auf 13,3 Mio. EUR (Tendenz stark steigend). Bereits jetzt ist unser strukturelles Defizit – also das, was uns im Durchschnitt pro Jahr fehlt und deshalb über die Grundsteuer B ausgeglichen werden muss – dadurch auf 5,9 Mio. EUR angewachsen. Rechnet man die Mieten für Feuerwehrwachen und KiTas hinzu, werden wir hier bald 7 Mio. EUR erreichen und damit deutlich schlechter dastehen als 2015.
- Sobald sich die konjunkturbedingt sehr hohen Steuereinnahmen, mit denen wir alle Kostentreiber der letzten Jahre abfedern konnten, auf ein normales Niveau einpendeln, holt uns dieses erhöhte struktu-relle Defizit ein, und schlägt voll auf unsere Grundsteuer B durch – daher auch die deutlich langsa-mere Absenkung in der Planung, auf die wir alle dringend warten, die aber beileibe kein Selbstläufer sein wird.
- Ab 2020 kann Stand heute noch nicht alles in der Planung stehen, weil noch nicht alle Zahlen bekannt sind. Das gilt z. B. für anteilige Mieten für die neuen KiTas in Marialinden, Overath und Immekeppel, die die Stadt Overath übernehmen muss, um den Mietkostenzuschuss des Landes-jugendamts aufzustocken. Dann gibt es auch noch einen kleinen „Rest“ von 8,5 Mio. EUR für die Sanierung des Schulzentrums, der noch nicht durch Fördermittel abgedeckt ist und dessen Finan-zierung zu klären bleibt – hier werden im besten Fall Eigenanteile für noch nicht gefundenen Förder-programme zu zahlen sein, im schlimmsten Fall müssen die Kosten über Jahre verteilt komplett in unsere Haushalte aufgenommen werden.
- Die Schwarz-Gelbe Landesregierung ist derzeit dabei, ohne Rücksicht auf Konnexität weitere Kosten auf uns abzuwälzen. Alleine die Reform des KiBiZ, mit dem geplanten Wegfall der Elternbeiträge für ein weiteres Jahr und Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität – was wir beides inhaltlich für sehr sinnvoll halten – wird die Stadt Overath pro Jahr knapp eine halbe Mio. EUR zusätzlich kosten. Der ab 2025 geltende Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz wird uns in den nächsten 5 Jahren mehrere Millionen EUR an Investitionen in die Schulgebäude kosten und danach die Betriebskosten deutlich erhöhen. Hier gibt es bisher noch keinerlei Signale aus Düsseldorf, ob und in welcher Höhe man sich beteiligen wird – dabei haben wir in Overath keine Spielräume mehr, die OGS-Plätze, geschweige denn die dafür notwendigen Investitionen, selber zu finanzieren, und sind auf eine vollständige Gegenfinanzierung des in Berlin beschlossenen, inhaltlich sehr sinnvollen Rechtsanspruchs ange-wiesen.
- Solange wir jedes Jahr durchschnittlich eine halbe Mio. EUR mehr an Kreisumlage nach Bergisch Gladbach überweisen müssen, wie in den letzten Jahren der Fall, wird unser strukturelles Defizit jährlich um genau diesen Betrag steigen. Hier muss der Kreis endlich den Schuss hören: Während die Kommunen mit dem Rücken zur Wand stehen und nur noch das Allernotwendigste ausgeben, wird im Kreis gebaut und ausgeben wie immer, denn die Rechnung zahlen ja die Kommunen. Es bedarf hier dringend eines Umdenkens: Der Kreis muss sein Budget mindestens konstant halten, damit die Kommunen nicht immer weiter in Schieflage geraten. Andernfalls könnte man auf die Idee kommen, ein „Krexit“, also eine Abschaffung des Kreises, könnte für uns sehr viel sinnvoller und nutzbringender sein als der chaotische „Brexit“ für die Briten. In Richtung des Kreises und des Landrats kann ich daher nur mein Zitat von letztem Jahr wiederholen: „we want our money back” – geben Sie uns unser Geld zurück, denn wir brauchen es selbst!
- Die Planung geht derzeit davon aus, dass wir alle Investitionen nur stemmen können, wenn wir dafür ab 2020 jährlich Darlehen in Höhe der Tilgung aufnehmen. Dadurch werden die Investitionskredite nicht mehr sinken, sondern konstant bleiben – das tut weh, aber solange sie nicht steigen, ver-schlechtern wir uns zumindest nicht. Da damit ausschließlich Maßnahmen bezahlt werden, um die wir nicht herum kommen, und es derzeit keine sinnvolle Alternative dazu gibt, werden wir uns dem nicht verschließen, aber es löst auch nicht gerade Begeisterungsstürme aus, denn dafür müssen wir im nächsten Jahr die Nachhaltigkeitssatzung ändern, die derzeit keine neuen Kreditaufnahmen erlaubt.
Unser Fazit:
Für 2019 liegt uns ein funktionierender und aus unserer Sicht zustimmungsfähiger Haushalt vor, der aber in den folgenden Jahren mit immer größeren Risiken behaftet ist. Genau so sieht die Lage derzeit auch in den meisten anderen Kommunen in NRW aus: weniger schlecht als vorher, aber mit sehr düsteren Zukunftsaussichten. Wenn es nicht schnell zu einer dauerhaft besseren und konjunkturunabhängigen Finanzausstattung der Kommunen kommt, die Konnexität in Zukunft, aber auch rückwirkend herstellt, wird selbst eine derzeit diskutierte Übernahme von Altschulden wenig bringen, da diese in wenigen Jahren wieder genauso hoch sein werden wie heute, wenn nicht gleichzeitig mehr Geld an die Kommunen fließt.
Wie gesagt stimmt die SPD Overath dem heute vorgelegten Haushalt mit all seinen Risiken zu, um die Grundsteuer B auf 850 Punkten halten zu können. Ab 2020 stehen wir dann vor der großen Herausforde-rung, diesen Hebesatz endlich zu senken. Dafür werden wir aber auf Bund, Land und Kreis angewiesen sein – eine Abhängigkeit, die schon früher nicht gut für uns war. Die Hoffnung, dass man die Kommunen dort nicht vollständig gegen die Wand fährt, bleibt. Sie stirbt bekanntlich zuletzt.
Für die SPD Overath: Hans Schlömer, stellv. Fraktionsvorsitzender