Sehr geehrter Herr Bürgermeister Nicodemus,
sehr geehrte Frau Stölting,
sehr geehrte Damen und Herren,
der heute für das laufende Jahr 2021 zur Abstimmung stehende Haushalt ist, wie wir es von unserer
Kämmerin gewohnt sind, handwerklich hervorragend aufgestellt worden. Trotz widriger Rahmen-
bedingungen wie Corona, Investitions- und Sanierungsstaus und mangelhafter Finanzausstattung
ist es Frau Stölting wieder gelungen, einen Haushalt ohne eine Erhöhung der
kommunalen Steuern hinzubekommen. Dass sie nicht nur ihr Handwerk versteht, wenn es um die
Haushaltsaufstellung geht, sondern sich auch streitbar zeigen kann, wenn es um die Vertretung der
finanziellen Interessen unserer Stadt und unserer Nachbarkommunen geht, hat Ihr Schreiben
bewiesen, dass sie stellvertretend für die Kämmer*innen und Bürgermeister*innen an den Kreis
geschickt hat, um diesen zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt von einer deutlichen Erhöhung der
Kreisumlage abzuhalten.
Dass dies letztlich erfolgreich war, ist auch einem gemeinsamen und parteiübergreifenden Auftreten
aller Kämmer*innen und Bürgermeister*innen im Rheinisch-Bergischen Kreis zu verdanken. Dafür
geht unser Dank nicht nur an unsere Kämmerin, sondern auch an unseren Bürgermeister, der hier
deutlich Position bezogen hat. Da alle so erleichtert darüber sein dürften, dass sich letztendlich alle
Fraktionen im Kreistag gegen diesen unsäglichen Plan der Kreisverwaltung entschieden haben,
werden wir hier auch nicht nachtreten, sondern danken dafür auch ausdrücklich allen
Kreistagsmitgliedern, ganz egal ob sie von Anfang an dagegen waren oder sich erst später haben
überzeugen lassen. Wäre das nicht so gekommen, hätten sich unsere Haushaltsreden heute
ausführlich damit beschäftigen müssen, dass es so auf Dauer nicht weiter geht – jetzt hat aber
zumindest erstmal die Vernunft gesiegt.
Leider konnte sich die Vernunft auf Bundesebene nicht durchsetzen, als es noch vor der Corona
Pandemie darum ging, den Kommunen bundesweit einen Großteil ihrer Altschulden zu erlassen, wie
es SPD-Finanzminister Olaf Scholz vorgeschlagen und das Bundeskabinett mitgetragen hat. Die
Übernahme der Hälfte unserer Kassenkredite in einen Altschuldenfonds hätte vielen Kommunen
schlagartig wieder die Bewegungsfreiheit verschaffen können, die sie brauchen, und die ihnen im
Rahmen der Kommunalen Selbstverwaltung auch zusteht.
Gescheitert ist dieser Vorschlag bisher, weil sich zwei Menschen dagegengestellt haben: Zunächst
hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet eine zentrale Bedingung des Bundes abgelehnt, die aus
unserer Sicht nicht nur nachvollziehbar, sondern geradezu zwingend sein musste, nämlich dass nach
der Schuldenübernahme die Länder ihre Kommunen finanziell so ausstatten, dass diese nicht sofort
wieder damit beginnen müssen, weitere Schulden aufzuhäufen. Die lapidare Begründung war, das
Land NRW tue schon so viel für seine Kommunen, dass man mehr nicht erwarten könne. Das halten
wir für falsch, denn man kann nicht nur mehr erwarten, man muss es sogar. Solange das in
Düsseldorf nicht verstanden wird – und zwar ausdrücklich über alle Parteigrenzen hinweg – wird die
Situation der Kommunen nicht besser werden, sondern in die Katastrophe führen.
Gleichzeitig hat sich der Bayerische Ministerpräsident Söder dagegen gewendet, weil es aus seiner
Sicht nicht einzusehen sei, dass reiche Bundesländer wie Bayern dafür bezahlen sollten, dass die
Kommunen in NRW unfähig seien, mit ihrem Geld umzugehen. An Unverschämtheit und
Unsachlichkeit ist das kaum noch zu überbieten, da fehlen einem die Worte. Es lässt nichts Gutes für
die Kommunen hoffen, dass ausgerechnet diese beiden finanzpolitischen Amokläufer als
Kanzlerkandidaten der Union im Gespräch sind – wenn einer der beiden die Bundestagswahl
gewinnen sollte, kann das für Overath nur schlecht ausgehen. Gott sei Dank gibt es ja mit Olaf Scholz
eine gute Alternative, die für die Kommunen ein Segen wäre. Wir werden dafür nach Kräften kämpfen!
Unser städtischer Haushalt wird aber hier vor Ort entschieden, daher genug über die höheren
Sphären der Politik, auf die wir nur sehr wenig Einfluss haben. Im Haushalt 2021 und der
mittelfristigen Planung sehen wir gravierende Schwächen, die ausdrücklich nicht unserer Kämmerin
zuzuschreiben sind, die ihr Bestes gibt, um unter den gesetzten Rahmenbedingungen einen
funktionierenden Haushalt zu erstellen. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört z. B., dass die Ratsmehrheit
weiterhin darauf besteht,
Eigenanteile für Maßnahmen des interkommunalen Handlungskonzeptes in die Planung der nächsten
Haushaltsjahre einpreisen zu lassen, die wir teilweise nicht für sinnvoll halten. Andere Maßnahmen
mögen sinnvoll sein, wären aber gegen deutlich wichtigere Maßnahmen im Bildungsbereich zu
priorisieren, die nicht im InHK stehen, weil sie nicht förderfähig sind. Deshalb stehen wir auch weiter
zu unserer Ablehnung des InHK und werden wie bisher die im jeweiligen Haushaltsjahr zu
beantragenden Maßnahmen einzeln bewerten und uns dazu positionieren.
Wir würden es für richtiger und wichtiger halten, statt des Baus neuer Brücken über die Agger, der
Umgestaltung von Straßen und Plätzen im Overather Stadtzentrum, der Neugestaltung des
Außengeländes am Schulzentrum und ähnlicher „nice to have“-Maßnahmen stringent in jedem
Haushaltsjahr Mittel für die längst überfälligen Gebäudesanierungen am Schulzentrum und unseren
Grundschulen freizuschaufeln.
Stattdessen sind solche Mittel nicht vorgesehen, und sollen nach Vorschlag der Verwaltung auch erst
ab 2022 fließen. Nachvollziehbar ist, dass einige Maßnahmen zum Aus- und Umbau in Cyriax erst
dann geschätzt und geplant werden können, wenn Bedarfe, Umsetzungen und Kosten geklärt sind.
Für einen zuletzt deutlich zweistelligen Millionenbetrag, der sich auf dringenden Sanierungsbedarf am
Gebäude bezog, gilt das jedoch nicht – deshalb müssen wir 2021 als ein verlorenes Jahr ansehen, in
dem nicht eingehalten wird, was Schülern, Lehrern und Eltern schon Ende 2019 ausdrücklich und mit
gutem Grund versprochen wurde, nämlich dass man ab sofort – nicht erst ab 2022 – jährlich
nennenswerte Mittel zur Sanierung bereitstellen werde. Die SPD Overath sieht sich an diese Zusage
jedenfalls weiterhin gebunden.
Die mittelfristige Investitionsplanung greift aus unserer Sicht ebenfalls viel zu kurz und ermöglicht es
nicht, den Rechtsanspruch auf Ganztagsplätze an Grundschulen, wie am Runden Tisch erarbeitet, bis
2025 räumlich abdecken zu können. Wir wissen jetzt schon, dass wir bis dahin Schritt für Schritt einen
hohen Millionenbetrag investieren müssen, um den Ausbau auch noch in Vilkerath, Steinenbrück und
Immekeppel zu schaffen. Bisher sind nur Heiligenhaus und Marialinden auf diesem Weg, Overath Mitte
steht erst ab heute in der Planung, wenn wir hoffentlich so beschließen – es bleibt hier also
immer noch sehr viel zu tun und sehr viel Geld bereitzustellen.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, wie peinlich es vor diesem Hintergrund ist, dass unser
CDU-Landtagsabgeordneter auf eineinhalb Seiten im Mitteilungsblatt bewirbt, welch große Leistung es
sein, dass Overath vom Land aus einem Fördertopf 287 TEUR für den Ganztagsausbau erhält. Das ist
aus unserer Sicht eine Frechheit, denn man kann es nicht einmal einen Tropfen auf den heißen Stein
nennen. Das Land NRW wäre dafür verantwortlich, einen großen Fördertopf für den Ausbau des
Ganztags bereitzustellen, der die Kosten der Kommunen nicht nur zu einem minimalen Anteil, sondern
vollständig deckt – ein weiteres Versäumnis der Regierung Laschet, das spätestens 2025 auf diese
zurückfallen wird.
Als Ausweg aus dem dargestellten massiven Finanzierungsdelta in mehreren Bereichen des
Bildungssektors hat unsere Kämmerin vorgeschlagen, diesen vorübergehend aus der
Nachhaltigkeitssatzung auszuklammern. Wir sagen bewusst „unsere Kämmerin“ und nicht „die
Jamaika-Koalition“, die dazu einen Antrag geschrieben hat, denn der Vorschlag kam von der
Verwaltung und wurde von ihr in den Haushaltsklausuren der Fraktionen gemacht. Diesen
abzukupfern und sich selbst auf die Fahne zu schreiben finden wir billig, irreführend und absolut nicht
transparent.
Inhaltlich werden diesem Vorschlag natürlich zustimmen, um kurzfristig die dringenden Maßnahmen
an unseren Schulen zu ermöglichen – so könnte endlich umgehend mit dem Neubau einer Turnhalle
in Vilkerath begonnen werden, die Turnhalle am Burgholzweg entstehen, unabhängig vom genauen
Standort, und dort auch Erweiterungen für den Ganztag kommen. Leider ist die Art der Finanzierung,
nämlich alleine aus städtischen Krediten und ohne jegliche Landesförderung, keine tragfähige
Dauerlösung, sondern wird nur kurzfristig funktionieren, da unser Investitionsbedarf in den
kommenden Jahren in Summe jeden Rahmen sprengt, der damit abdeckbar wäre. Immerhin müssen
wir die Kredite, die wir dafür aufnehmen, in den Folgejahren auch tilgen, was unsere Haushaltslage
nicht gerade verbessern wird. Aktuell ist es aber die einzige Möglichkeit, unsere Schulen nicht im Stich
zu lassen – also werden wir sie mittragen, auch wenn jede Aufweichung der Nachhaltigkeitssatzung,
die uns seit 2015 erfolgreich vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahrt, schmerzhaft ist.
Für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 ebenfalls äußerst schmerzhaft sind die durch die Corona
Pandemie verursachten Mehrkosten und Mindereinnahmen, die sich in Summe auf bis zu 10 Millionen
EUR belaufen werden, die unsere Stadt natürlich nicht hat. Hier hat das Land NRW eine Pseudo Lösung
gefunden, wie die Kommunen mit den Fehlbeträgen umgehen sollen: es werden jeweils
Nebenrechnungen für die Corona-Effekte erstellt, und die isolierten Fehlbeträge werden – abweichend
von der Haushaltssystematik – nicht gegen unser Eigenkapital gerechnet, sondern dürfen über 50
Jahre abgeschrieben werden. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass die Kommunen auf diesen
fehlenden Millionen über Jahrzehnte sitzen bleiben, und ihre Haushalte dauerhaft belastet sind.
Richtig wäre gewesen, in einem großen Hilfspaket auch den Kommunen Zuweisungen zum Ausgleich
der Corona-Verluste zukommen zu lassen – aber dafür hat es dann in NRW nicht gereicht. Die
Regierung Laschet ist damit noch weniger kommunalfreundlich als ihre Vorgängerinnen, auch wenn
von ihr stets das Gegenteil behauptet wird.
Es gibt einen weiteren, sehr aktuellen Kritikpunkt am heutigen Haushalt, obwohl wir bis heute nicht
einmal informiert wurden, auf welchem Haushaltsposten das dafür benötigte Geld vorhanden sein soll
– dabei wollte man die Ausgabe letzte Woche schon ohne beschlossenen Haushalt im Haupt- und
Finanzausschuss beschließen, muss das aber aufgrund unserer Nachfrage auf die heutige Sitzung
vertagen. Es geht hier um die Honorarzahlung an die NRW.Urban GmbH, eine von Land initiierte
Gesellschaft, die uns bei der Erstellung eines strategischen Entwicklungskonzepts beraten und
unterstützen soll. Die genaue Summe darf ich hier nicht nennen, weil es sich laut Verwaltung um eine
vertragliche Angelegenheit handelt. Die SPD Overath hält es aber für untragbar, dass es geheim und
intransparent bleiben soll, wieviel Geld wir für ein aus unserer Sicht überflüssiges Konzept an eine
vom Land gegründete GmbH bezahlen sollen. Die inhaltliche Diskussion werde ich an dieser Stelle
auslassen, denn dazu gibt es später noch einen eigenen, leider nichtöffentlichen
Tagesordnungspunkt. Die grobe Größenordnung der dafür vorgesehenen Ausgabe werden wir hier
aber nennen, weil das keiner Geheimhaltung unterliegen kann: es geht um einen sehr hohen
fünfstelligen Betrag, den wir an anderer Stelle – z. B. bei der Umsetzung vieler bereits erarbeiteter
Maßnahmen – deutlich besser angelegt sähen. Wer die Nennung dieses Betrags unterbindet, kann
sich gerne fragen lassen, wie weit her es bei ihm oder ihr mit der Transparenz wirklich ist. Wir halten
es jedenfalls für richtig, den Bürger*innen weitestgehend offenzulegen, wofür wir ihr Geld ausgeben.
Als Fazit unserer Bewertung des Haushaltes 2021 und der mittelfristigen Planung stellen wir fest: es
sind Posten enthalten, die wir für falsch, unnötig oder in der Priorität nachrangig halten. Es fehlt uns
der Glaube, dass notwendige Sanierungen und Investitionen, besonders im Bereich der Schulen,
allein im Zeitraum bis 2025 auf dieser Basis realisierbar sein werden, da hier noch riesige Lücken
bestehen.
Allein aus diesen Gründen kann die SPD Overath dem Haushalt 2021 nicht zustimmen.
Hans Schlömer,
Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion