Haushaltsrede der SPD-Fraktion zum Haushalt 2021, Hans Schlömer

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Nicodemus,
sehr geehrte Frau Stölting,
sehr geehrte Damen und Herren,

der heute für das laufende Jahr 2021 zur Abstimmung stehende Haushalt ist, wie wir es von unserer

Kämmerin gewohnt sind, handwerklich hervorragend aufgestellt worden. Trotz widriger Rahmen-

bedingungen wie Corona, Investitions- und Sanierungsstaus und mangelhafter Finanzausstattung

ist es Frau Stölting wieder gelungen, einen Haushalt ohne eine Erhöhung der

kommunalen Steuern hinzubekommen. Dass sie nicht nur ihr Handwerk versteht, wenn es um die

Haushaltsaufstellung geht, sondern sich auch streitbar zeigen kann, wenn es um die Vertretung der

finanziellen Interessen unserer Stadt und unserer Nachbarkommunen geht, hat Ihr Schreiben

bewiesen, dass sie stellvertretend für die Kämmer*innen und Bürgermeister*innen an den Kreis

geschickt hat, um diesen zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt von einer deutlichen Erhöhung der

Kreisumlage abzuhalten.

Dass dies letztlich erfolgreich war, ist auch einem gemeinsamen und parteiübergreifenden Auftreten

aller Kämmer*innen und Bürgermeister*innen im Rheinisch-Bergischen Kreis zu verdanken. Dafür

geht unser Dank nicht nur an unsere Kämmerin, sondern auch an unseren Bürgermeister, der hier

deutlich Position bezogen hat. Da alle so erleichtert darüber sein dürften, dass sich letztendlich alle

Fraktionen im Kreistag gegen diesen unsäglichen Plan der Kreisverwaltung entschieden haben,

werden wir hier auch nicht nachtreten, sondern danken dafür auch ausdrücklich allen

Kreistagsmitgliedern, ganz egal ob sie von Anfang an dagegen waren oder sich erst später haben

überzeugen lassen. Wäre das nicht so gekommen, hätten sich unsere Haushaltsreden heute

ausführlich damit beschäftigen müssen, dass es so auf Dauer nicht weiter geht – jetzt hat aber

zumindest erstmal die Vernunft gesiegt.

Leider konnte sich die Vernunft auf Bundesebene nicht durchsetzen, als es noch vor der Corona

Pandemie darum ging, den Kommunen bundesweit einen Großteil ihrer Altschulden zu erlassen, wie

es SPD-Finanzminister Olaf Scholz vorgeschlagen und das Bundeskabinett mitgetragen hat. Die

Übernahme der Hälfte unserer Kassenkredite in einen Altschuldenfonds hätte vielen Kommunen

schlagartig wieder die Bewegungsfreiheit verschaffen können, die sie brauchen, und die ihnen im

Rahmen der Kommunalen Selbstverwaltung auch zusteht.

Gescheitert ist dieser Vorschlag bisher, weil sich zwei Menschen dagegengestellt haben: Zunächst

hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet eine zentrale Bedingung des Bundes abgelehnt, die aus

unserer Sicht nicht nur nachvollziehbar, sondern geradezu zwingend sein musste, nämlich dass nach

der Schuldenübernahme die Länder ihre Kommunen finanziell so ausstatten, dass diese nicht sofort

wieder damit beginnen müssen, weitere Schulden aufzuhäufen. Die lapidare Begründung war, das

Land NRW tue schon so viel für seine Kommunen, dass man mehr nicht erwarten könne. Das halten

wir für falsch, denn man kann nicht nur mehr erwarten, man muss es sogar. Solange das in

Düsseldorf nicht verstanden wird – und zwar ausdrücklich über alle Parteigrenzen hinweg – wird die

Situation der Kommunen nicht besser werden, sondern in die Katastrophe führen.

Gleichzeitig hat sich der Bayerische Ministerpräsident Söder dagegen gewendet, weil es aus seiner

Sicht nicht einzusehen sei, dass reiche Bundesländer wie Bayern dafür bezahlen sollten, dass die

Kommunen in NRW unfähig seien, mit ihrem Geld umzugehen. An Unverschämtheit und

Unsachlichkeit ist das kaum noch zu überbieten, da fehlen einem die Worte. Es lässt nichts Gutes für

die Kommunen hoffen, dass ausgerechnet diese beiden finanzpolitischen Amokläufer als

Kanzlerkandidaten der Union im Gespräch sind – wenn einer der beiden die Bundestagswahl

gewinnen sollte, kann das für Overath nur schlecht ausgehen. Gott sei Dank gibt es ja mit Olaf Scholz

eine gute Alternative, die für die Kommunen ein Segen wäre. Wir werden dafür nach Kräften kämpfen!

Unser städtischer Haushalt wird aber hier vor Ort entschieden, daher genug über die höheren

Sphären der Politik, auf die wir nur sehr wenig Einfluss haben. Im Haushalt 2021 und der

mittelfristigen Planung sehen wir gravierende Schwächen, die ausdrücklich nicht unserer Kämmerin

zuzuschreiben sind, die ihr Bestes gibt, um unter den gesetzten Rahmenbedingungen einen

funktionierenden Haushalt zu erstellen. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört z. B., dass die Ratsmehrheit

weiterhin darauf besteht,

Eigenanteile für Maßnahmen des interkommunalen Handlungskonzeptes in die Planung der nächsten

Haushaltsjahre einpreisen zu lassen, die wir teilweise nicht für sinnvoll halten. Andere Maßnahmen

mögen sinnvoll sein, wären aber gegen deutlich wichtigere Maßnahmen im Bildungsbereich zu

priorisieren, die nicht im InHK stehen, weil sie nicht förderfähig sind. Deshalb stehen wir auch weiter

zu unserer Ablehnung des InHK und werden wie bisher die im jeweiligen Haushaltsjahr zu

beantragenden Maßnahmen einzeln bewerten und uns dazu positionieren.

Wir würden es für richtiger und wichtiger halten, statt des Baus neuer Brücken über die Agger, der

Umgestaltung von Straßen und Plätzen im Overather Stadtzentrum, der Neugestaltung des

Außengeländes am Schulzentrum und ähnlicher „nice to have“-Maßnahmen stringent in jedem

Haushaltsjahr Mittel für die längst überfälligen Gebäudesanierungen am Schulzentrum und unseren

Grundschulen freizuschaufeln.

Stattdessen sind solche Mittel nicht vorgesehen, und sollen nach Vorschlag der Verwaltung auch erst

ab 2022 fließen. Nachvollziehbar ist, dass einige Maßnahmen zum Aus- und Umbau in Cyriax erst

dann geschätzt und geplant werden können, wenn Bedarfe, Umsetzungen und Kosten geklärt sind.

Für einen zuletzt deutlich zweistelligen Millionenbetrag, der sich auf dringenden Sanierungsbedarf am

Gebäude bezog, gilt das jedoch nicht – deshalb müssen wir 2021 als ein verlorenes Jahr ansehen, in

dem nicht eingehalten wird, was Schülern, Lehrern und Eltern schon Ende 2019 ausdrücklich und mit

gutem Grund versprochen wurde, nämlich dass man ab sofort – nicht erst ab 2022 – jährlich

nennenswerte Mittel zur Sanierung bereitstellen werde. Die SPD Overath sieht sich an diese Zusage

jedenfalls weiterhin gebunden.

 

 

Die mittelfristige Investitionsplanung greift aus unserer Sicht ebenfalls viel zu kurz und ermöglicht es

nicht, den Rechtsanspruch auf Ganztagsplätze an Grundschulen, wie am Runden Tisch erarbeitet, bis

2025 räumlich abdecken zu können. Wir wissen jetzt schon, dass wir bis dahin Schritt für Schritt einen

hohen Millionenbetrag investieren müssen, um den Ausbau auch noch in Vilkerath, Steinenbrück und

Immekeppel zu schaffen. Bisher sind nur Heiligenhaus und Marialinden auf diesem Weg, Overath Mitte

steht erst ab heute in der Planung, wenn wir hoffentlich so beschließen – es bleibt hier also

immer noch sehr viel zu tun und sehr viel Geld bereitzustellen.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, wie peinlich es vor diesem Hintergrund ist, dass unser

CDU-Landtagsabgeordneter auf eineinhalb Seiten im Mitteilungsblatt bewirbt, welch große Leistung es

sein, dass Overath vom Land aus einem Fördertopf 287 TEUR für den Ganztagsausbau erhält. Das ist

aus unserer Sicht eine Frechheit, denn man kann es nicht einmal einen Tropfen auf den heißen Stein

nennen. Das Land NRW wäre dafür verantwortlich, einen großen Fördertopf für den Ausbau des

Ganztags bereitzustellen, der die Kosten der Kommunen nicht nur zu einem minimalen Anteil, sondern

vollständig deckt – ein weiteres Versäumnis der Regierung Laschet, das spätestens 2025 auf diese

zurückfallen wird.

Als Ausweg aus dem dargestellten massiven Finanzierungsdelta in mehreren Bereichen des

Bildungssektors hat unsere Kämmerin vorgeschlagen, diesen vorübergehend aus der

Nachhaltigkeitssatzung auszuklammern. Wir sagen bewusst „unsere Kämmerin“ und nicht „die

Jamaika-Koalition“, die dazu einen Antrag geschrieben hat, denn der Vorschlag kam von der

Verwaltung und wurde von ihr in den Haushaltsklausuren der Fraktionen gemacht. Diesen

abzukupfern und sich selbst auf die Fahne zu schreiben finden wir billig, irreführend und absolut nicht

transparent.

Inhaltlich werden diesem Vorschlag natürlich zustimmen, um kurzfristig die dringenden Maßnahmen

an unseren Schulen zu ermöglichen – so könnte endlich umgehend mit dem Neubau einer Turnhalle

in Vilkerath begonnen werden, die Turnhalle am Burgholzweg entstehen, unabhängig vom genauen

Standort, und dort auch Erweiterungen für den Ganztag kommen. Leider ist die Art der Finanzierung,

nämlich alleine aus städtischen Krediten und ohne jegliche Landesförderung, keine tragfähige

Dauerlösung, sondern wird nur kurzfristig funktionieren, da unser Investitionsbedarf in den

kommenden Jahren in Summe jeden Rahmen sprengt, der damit abdeckbar wäre. Immerhin müssen

wir die Kredite, die wir dafür aufnehmen, in den Folgejahren auch tilgen, was unsere Haushaltslage

nicht gerade verbessern wird. Aktuell ist es aber die einzige Möglichkeit, unsere Schulen nicht im Stich

zu lassen – also werden wir sie mittragen, auch wenn jede Aufweichung der Nachhaltigkeitssatzung,

die uns seit 2015 erfolgreich vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahrt, schmerzhaft ist.

Für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 ebenfalls äußerst schmerzhaft sind die durch die Corona

Pandemie verursachten Mehrkosten und Mindereinnahmen, die sich in Summe auf bis zu 10 Millionen

EUR belaufen werden, die unsere Stadt natürlich nicht hat. Hier hat das Land NRW eine Pseudo Lösung

gefunden, wie die Kommunen mit den Fehlbeträgen umgehen sollen: es werden jeweils

Nebenrechnungen für die Corona-Effekte erstellt, und die isolierten Fehlbeträge werden – abweichend

von der Haushaltssystematik – nicht gegen unser Eigenkapital gerechnet, sondern dürfen über 50

Jahre abgeschrieben werden. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass die Kommunen auf diesen

fehlenden Millionen über Jahrzehnte sitzen bleiben, und ihre Haushalte dauerhaft belastet sind.

Richtig wäre gewesen, in einem großen Hilfspaket auch den Kommunen Zuweisungen zum Ausgleich

der Corona-Verluste zukommen zu lassen – aber dafür hat es dann in NRW nicht gereicht. Die

Regierung Laschet ist damit noch weniger kommunalfreundlich als ihre Vorgängerinnen, auch wenn

von ihr stets das Gegenteil behauptet wird.

Es gibt einen weiteren, sehr aktuellen Kritikpunkt am heutigen Haushalt, obwohl wir bis heute nicht

einmal informiert wurden, auf welchem Haushaltsposten das dafür benötigte Geld vorhanden sein soll

– dabei wollte man die Ausgabe letzte Woche schon ohne beschlossenen Haushalt im Haupt- und

Finanzausschuss beschließen, muss das aber aufgrund unserer Nachfrage auf die heutige Sitzung

vertagen. Es geht hier um die Honorarzahlung an die NRW.Urban GmbH, eine von Land initiierte

Gesellschaft, die uns bei der Erstellung eines strategischen Entwicklungskonzepts beraten und

unterstützen soll. Die genaue Summe darf ich hier nicht nennen, weil es sich laut Verwaltung um eine

vertragliche Angelegenheit handelt. Die SPD Overath hält es aber für untragbar, dass es geheim und

intransparent bleiben soll, wieviel Geld wir für ein aus unserer Sicht überflüssiges Konzept an eine

vom Land gegründete GmbH bezahlen sollen. Die inhaltliche Diskussion werde ich an dieser Stelle

auslassen, denn dazu gibt es später noch einen eigenen, leider nichtöffentlichen

Tagesordnungspunkt. Die grobe Größenordnung der dafür vorgesehenen Ausgabe werden wir hier

aber nennen, weil das keiner Geheimhaltung unterliegen kann: es geht um einen sehr hohen

fünfstelligen Betrag, den wir an anderer Stelle – z. B. bei der Umsetzung vieler bereits erarbeiteter

Maßnahmen – deutlich besser angelegt sähen. Wer die Nennung dieses Betrags unterbindet, kann

sich gerne fragen lassen, wie weit her es bei ihm oder ihr mit der Transparenz wirklich ist. Wir halten

es jedenfalls für richtig, den Bürger*innen weitestgehend offenzulegen, wofür wir ihr Geld ausgeben.

Als Fazit unserer Bewertung des Haushaltes 2021 und der mittelfristigen Planung stellen wir fest: es

sind Posten enthalten, die wir für falsch, unnötig oder in der Priorität nachrangig halten. Es fehlt uns

der Glaube, dass notwendige Sanierungen und Investitionen, besonders im Bereich der Schulen,

allein im Zeitraum bis 2025 auf dieser Basis realisierbar sein werden, da hier noch riesige Lücken

bestehen.
Allein aus diesen Gründen kann die SPD Overath dem Haushalt 2021 nicht zustimmen.

Hans Schlömer,

Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion